„Werterhaltung muss attraktiver werden als Wegwerfen“
Was macht eine echte Kreislaufwirtschaft so herausfordernd – technisch, wirtschaftlich, gesellschaftlich? In einem Doppelinterview sprachen CDS-Sprecher Prof. Dr.-Ing. Kai Sundmacher, Direktor am Max-Planck-Institut für Dynamik komplexer technischer Systeme, und Prof. Dietmar Harhoff, Ph.D., Direktor am Max-Planck-Institut für Innovation und Wettbewerb, über die Herausforderungen der Kreislaufwirtschaft, nötige Anreize, langlebige Produkte und die Macht kleiner Entscheidungen.
Die Bedeutung des Begriffs Kreislaufwirtschaft ist laut Kai Sundmacher in erster Linie das Schonen von Ressourcen, das langlebiger Machen von Produkten und das Schließen stofflicher Kreisläufe. Dies sind die sogenannten R-Strategien (Refuse, Rethink, Reduce, Repurpose, Remanufacture, Refurbish, Repair, Reuse und Recycle). Dietmar Harhoff betonte auch die Bedeutung von Anreizen: "Wie lässt sich unser System so umbauen, dass Werterhaltung attraktiver wird als Wegwerfen. Das ist sehr komplex."
Zu den vielfältigen Hürden, die eine Kreislaufwirtschaft erschweren, zählen unteranderem, dass es schwierig ist Konsumentinnen und Konsumenten zu verstehen und dass unser Wirtschaftssystem nicht auf geschlossene Kreisläufe ausgelegt ist, so Dietmar Harhoff. Kai Sundmacher sieht ein weiteres Problem darin, dass eine lange Produktlebensdauer vom Markt kaum belohnt wird.
"Wir arbeiten daran, fossile Kohlenstoffquellen komplett zu ersetzen durch sogenannten grünen, sprich erneuerbaren, Kohlenstoff – etwa durch Kunststoffabfälle, durch biogene Reststoffe aus der Landwirtschaft und der Lebensmittelproduktion oder durch die Verwendung von CO2", erklärte Kai Sundmacher seinen Forschungsansatz. Dietmar Harhoff setzt zur Umsetzung in die Praxis auf Lizenzierung an große Unternehmen und vermehrt auch auf Start-Ups, die dann unterschiedliche Technologien erproben.
Erneuerbare Energien nutzt Kai Sundmacher durch die Installation einer Photovoltaikanlage nun im Alltag. Auch seine Ernährung hat er umgedacht: "...nicht zuletzt durch meine Töchter, die vegetarisch bzw. vegan leben. Der Klimaschutzeffekt einer pflanzenbasierten Ernährung ist enorm – das zeigen viele Studien." Nur alles "grün" machen reiche nicht, auch der Konsum müsse verringert werden.
Die Max-Plack-Gesellschaft tagte vom 24. bis 26. Juni 2025 in Magdeburg. Im Fokus der Veranstaltung standen zwei Ereignisse: Die Verleihung der Harnack-Medaille und die Festversammlung mit Podiumsdiskussion zum Thema "Kreislaufwirtschaft als Schlüssel zur Zukunft". Vom Podium am 25. Juni erwartete Dietmar Harhoff "...eine ehrliche Diskussion – besonders über die Frage der Verhaltensänderung." Kai Sundmacher sah in der Veranstaltung großes Potenzial für eine sektionsübergreifende Zusammenarbeit um die Herausforderungen der Kreislaufwirtschaft gemeinsam zu bewältigen- technisch, wirtschaftlich, gesellschaftlich. "Und vielleicht ist dieses Podium ja ein Auftakt, um neue Ideen im Verbund weiterzudenken", beendete er das Interview.