Chemie im Kreislauf

20.06.2025 -  

Eine chemische Industrie, die keine fossilen Rohstoffe verwendet würde den Ausstoß von Treibhausgasen und auch Abfall vermeiden. Mit einer Kreislaufwirtschaft in der Chemieproduktion könnte dieses Ziel erreicht werden. Am Magdeburger Max-Planck-Institut für Dynamik komplexer technischer Systeme unterstützen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler diese Transformation mit zahlreichen Projekten.

Das Ersetzen von fossilen Rohstoffen durch erneuerbare Alternativen könnte den Anstieg der CO2-Konzentration in der Atmosphäre stoppen und vielleicht sogar rückgängig machen. Eine solche Defossilisierung ist nicht gleichbedeutend mit einer Dekarbonisierung, also einer Abkehr von kohlenstoffbasierten Produkten. CDS-Sprecher Prof. Dr.-Ing. Sundmacher arbeitet mit seiner Forschungsgruppe in diversen Projekten daran den Kohlenstoff, der in Kunststoffen, Farben oder Treibstoffen des Flug- und Schiffsverkehrs enthalten ist, im Kreislauf zu halten.

Im künftigen Kreislauf sollen intelligente Prozesssysteme aus nachwachsenden (biogenen) Reststoffen und Kunststoffabfällen Produkte herstellen. Kohlendioxid, soll aus Abgasen abgeschieden oder der Luft entzogen und in chemische Reaktoren eingespeist werden, statt als Treibhausgas die Erderwärmung weiter anzutreiben. Kunststoffrecycling ist ein weiterer wichtiger Teil der neue Kreislaufwirtschaft. Zurzeit wird der Großteil energetisch verwertet, also unter Wärmegewinnung verbrannt. Ein echtes chemisches Recycling gibt es bisher kaum. Kai Sundmacher und seine Arbeitsgruppe arbeiten an einer besseren Zerlegung der Kunststoffgemische. „Wir arbeiten daran, aus Mischungen gezielt einen einzelnen Kunststoff herauszulösen“, erklärt Ruben Goldhahn, Wissenschaftler am Magdeburger Institut. 

Die Verwendung von Reststoffen aus nachwachsenden Rohstoffen als Rohstoff ist Kai Sundmacher wichtig, um zu verhindern, dass für die chemische Industrie weitere landwirtschaftliche Flächen reserviert werden müssen. Lignin ist einer dieser Reststoffe. Er bleibt bei der Verarbeitung von Holz zu Zellstoff übrig. Dieses Makromolekül ist eine Quelle für aromatische Verbindungen, die in der Chemie vielfältige Verwendungen, auch bei der Synthese von Kleb- oder Kunststoffen, finden. „Wir arbeiten an einem Prozess, Lignin schon vor der Zellstoffproduktion aus der Biomasse herauszulösen und von den anderen Holzbestandteilen, Zellulose und Hemizellulose, abzutrennen“, erklärt CDS-Mitglied Hon.-Prof. Dr. Liisa Rihko-Struckmann, die in Sundmachers Abteilung das Team „Life Cycle Assessment“ leitet. 

Aktuell im Fokus der Abteilung steht außerdem die Verwendung von CO2 als Rohstoff bei der Erzeugung von Methan aus CO2 und grünem Wasserstoff, der durch die Wasserelektrolyse mit Strom aus erneuerbaren Quellen gewonnen wird. Dieser Prozess setzt viel Wärme frei, daher ist das Temperaturmanagement von großer Bedeutung, denn zu kalt darf es auch nicht werden. Um die Temperaturentwicklung im Reaktor dieses Power-to-X-Prozesses vorauszuberechnen wurde ein digitaler Zwilling entwickelt, ein virtuelles Modell eines Reaktors und des Geschehens darin, das mit der Anlage Daten austauscht, ihr aber immer etwas voraus ist. 

CDS-Direktor Prof. Dr. Peter Benner ist mit seiner Abteilung Numerische Methoden in der System- und Regelungstheorie wesentlich an der Entwicklung des digitalen Zwillings beteiligt. „Dank datengesteuerter Methoden finden wir heute immer häufiger dynamische Modelle für solche Zwillinge und können damit technische Anlagen optimieren, überwachen und in Echtzeit regeln“, so der Mathematiker.

Für die grüne Transformation der Chemie sind auch computergestützte Modellierungen nötig. Eines dieser Modelle aus der Gruppe von CDS-Sprecher Prof. Dr.-Ing. Achim Kienle zielt auf die optimale biotechnologische Produktion sogenannter Polyhydroxyalkanoate (PHA). Diese PHA sind eine besonders nachhaltige Kunstoffalternative, da sie biobasiert hergestellt werden können und auch biologisch abbaubar sind. 

Kai Sundmacher stellt sich vor, dass die Zukunft der deutschen Chemieproduktion Abfälle als Wertstoffe für eine chemische Kreislaufwirtschaft begreift.

Zur offiziellen Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts Magdeburg

Letzte Änderung: 27.06.2025 -
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